Im Film & TV Institute of India (FTII) in Pune, das seit 1960 Bollywood mit kritisch denkenden Schauspielern, Regisseuren, Produzenten, Kameramännern oder Cuttern – Frauen und Männer – beliefert, hat ein junger französischer Student namens Pierre einen Kurzfilm gedreht. Der Film handelt von der hemmungslosen Verdreckung Indiens durch seine Bevölkerung: In einem Zug essen die Passagiere und werfen daraufhin die Verpackung, Becher und Abfall aus dem Fenster. Neben den Gleisen türmt sich der Müll indes höher und höher.
FTII ist bekannt für seinen intellektuellen Zugang zum Filmemachen. Die StudentInnen können durchaus als eine kulturell-akademische Elite bezeichnet werden. Doch die indischen StudentInnen brachten Pierre Entrüstung und blanke Aggression entgegen: Die Verschmutzung sei ja gar nicht so stark, in anderen Ländern sei es viel schlimmer und überhaupt. Ich war erstaunt zu sehen, wie kein einziger der versammelten indischen StudentInnen akzeptieren wollte, was für die Handvoll nicht-indischen StudentInnen oder DozentInnen so offensichtlich war.
Der Film zeigt auch die Verschmutzung des Dal-Sees in Srinagar, Kaschmirs einst wunderschöner Hauptstadt. Viele Menschen wohnen auf Hausbooten. Die Müllabfuhr schaut folgendermaßen aus: Fenster auf, Müll in den See, Fenster zu. Der See ist seinen BewohnerInnen auch Toilette. Das Biosystem des Dal-Sees ist nun völlig zerstört.
Die Idee des Umweltschutzes ist in Indien kaum existent, in allen Teilen des Landes, in allen Schichten der Bevölkerung, bei allen Parteien der Regierung. Wie lange kann sich dieses Land, welches so darauf aus ist, sich als Global Player zu präsentieren, noch leisten, dieses brennende Problem zu ignorieren?
Arno Krimmer, Mumbai